Bürozeiten u.a. Ansichten … Benjamin Ochse
Die am 7. Dezember 1935 in Bad Salzuflen/Nordrhein-Westfalen wächst sie als einziges Kind im katholischen Glauben auf. Bereits 1952 unternimmt sie mit Hilfe eines Stipendiums eine einjährige Studienreise in die USA. Nach der Reifeprüfung 1954 schließt daran ein Studium der Romanistik und Kunstgeschichte in Freiburg im Breisgau an. 1958 heiratet sie den Romanisten Horst Ochse (1927-2014). Noch im selben Jahr kommt ihr erstes Kind auf die Welt, 1960 folgt das zweite, 1963 das dritte und 1965 das vierte. Als ihr Mann 1973 einen Ruf als ordentlicher Professor für Romanistik an die FU Berlin erhält, zieht die Familie nach West-Berlin. Um 1975 beginnt Hildegard Ochse eigenständig zu Fotografieren.
1976 kommt es während eines einjährigen Auslandsaufenthaltes der Familie Ochse in Süd-West Frankreich zu einer schweren Ehekrise. Im selben Jahr erscheint als Organ linker Feministinnen die Zeitschrift Courage in Berlin, ein weiteres für Hildegard Ochses Emanzipation wichtiges Zeitphänomen. 1977 besucht sie erstmals die von Michael Schmidt im Vorjahr initiierte und von ihm anfangs geleitete „Werkstatt für Photographie“ in Berlin Kreuzberg. Dort nimmt sie am Unterricht von Ulrich Görlich und bis 1981 an verschiedenen Workshops amerikanischer Fotografen wie Lewis Baltz, John Gossage und Larry Fink sowie dem deutschen Fotografen André Gelpke teil.
Bereits 1978 nimmt Hildegard Ochse eine Lehrtätigkeit als Fotografin in der Landesbildstelle sowie an der Pädagogischen Hochschule Berlin auf. 1978 kommt es zur Trennung von Horst Ochse. Sie fotografiert auf Reisen nach Frankreich, Italien, Kreta, Israel und in Berlin. Neben den Menschenaufnahmen arbeitet sie auch an dem Thema der Landschafts- und Stadtfotografie. Als Autorenfotografin wählten sie ihre Themen in Eigenverantwortung und nach ganz individuellen Vorstellungen.
In der hier erstmals in einer kleinen Auswahl gezeigten vintage Bildern von Landschafts- und Stadtfotografien bediente sich Hildegard Ochse an Vorbildern bekannter und alter Meister, dennoch entstanden eigenständige Werke mit eigener Handschrift und unverwechselbarer Ausdruck.
Als eine spezifisch Berlinische Arbeit folgte 1987 in der sie die Bediensten der Stadt porträtierte. Hildegard Ochse ging in der Arbeit der Frage nach, wie der deutsche Beamte und Beamtin aussieht und wie er sich selbst sieht. Aus dieser Serie werden nun erstmals alle Frauenbilder gezeigt.
Wie es um die sprichwörtliche Zuverlässigkeit, Ordnung und Sauberkeit des deutschen Beamten bestellt war, blieb zwar offen, nicht jedoch der ihren Fotografien eingeschriebene Zeitgeist. Wie hier der Mensch buchstäblich für sie im Vordergrund stand, beschäftigte sie an der von ihr nachfolgend fotografierten Serie in der Königlichen Porzellan-Manufaktur (KPM) vor allem der für die Porzellanproduktion fundamentale Aspekt der Handarbeiten. Sie rückte deshalb in der gezeigten Auswahl die individuellen Gesichter der Frauen in Verbindung mit den von ihnen praktizierten manuellen Geschicklichkeiten ins Zentrum.
Obwohl Hildegard Ochse 1995 an Leukämie erkrankte, unternahm sie dennoch mehrere Reisen nach Israel wo eine weitere letzte wichtige fotografische Arbeit entstand. Sie begann noch mit dem Studium der Judaistik und dem Hebräischen. Hildegard Ochse starb am 28. Juni 1997 in Berlin-Westend.
Die Ausstellung wurde von Benjamin Ochse kuratiert.