Der Brief an den lieben Gott Michael Ortwin Schwartz / MSO
Eine Geschichte die zum Nachdenken und Handeln anregen soll – und heute aktueller denn je ist.
Sie soll sich tatsächlich so zugetragen haben!
In Berlin lebte einst eine alte Frau,
für sie war das Leben mehr als grau.
Mit ihrer Rente war es schlecht bestellt,
mit einem Wort: Sie hatte kein Geld!
Nun überlegte Sie hin und her
wie denn wohl Geld zu kriegen wär.
Ihr kam ein Gedanke, oh sapperlott,
sie schrieb einen Brief – an den lieben Gott.
„Oh lieber Gott, bin alt und arm
die Rente knapp, so hab’ Erbarm,
und schicke mir wenigstens hundert Mark,
sonst muss ich verhungern – das wär doch arg!
Eine andere Hilfe weiß ich nicht mehr
und ohne Geld ist’s doch wirklich schwer.
Aber bitte beeile Dich mit dem Geld,
sonst ist’s nicht mehr schön auf dieser Welt.“
Der Brief wird frankiert in den Kasten gesteckt,
und da, da hat ihn dann der Postbote entdeckt.
Der liest die Adresse, doch was soll er nun machen,
„An den lieben Gott“ – doch eigentlich zum Lachen.
Er denkt sich aber, Spaß muss sein,
und legt ihn ins Fach vom Finanzamt rein.
Am andern Tag dort angekommen,
wird er von einem Beamten in Empfang genommen.
Wenn Sie nun denken, der vernichtet den Brief,
nein, so ist es nicht, da liegen Sie schief.
Er liest ihn gerührt und denkt gleich daran,
wie man der alten Dame wohl helfen kann.
Ja, glauben Sie mir, es ist kein Scherz,
es gibt beim Finanzamt auch Menschen mit Herz.
Ihm kommt ein Gedanke und der ist gar fein,
das könnt’ für die Frau jetzt die Hilfe sein.
Er fängt an durch die Räume zu wandern
sammelt recht fleißig von Einem zum Andern.
Doch leider war der Erlös etwas karg,
statt hundert, bekam er nur siebzig Mark.
Besser als nichts, so sagt sich der Mann,
schickt das Geld schnell ab, so schnell er kann.
Der Frau, als dann der Brief angekommen,
die Tränen in die Augen ronnen,
sie freut sich sehr, kann’s nicht fassen,
dass der Herrgott sie nicht im Stich hat gelassen.
und so schrieb sie dann rasch einen Dankesbrief,
mit dem sie dann auch eilig zum Postamt lief.
Im Schreiben hieß es:
„Lieber Gott, das war stark,
hab’ lieben Dank für die hundert Mark.
Doch solltest Du wieder mal an mich denken
und mir nochmal ein paar Märker schenken,
dann möchte ich Dich um eines bitten,
das Geld nicht mehr über’s Finanzamt zu schicken,
denn die Lumpen haben mir ungelogen,
von den hundert, dreißig abgezogen.“